Mord im Darm Express
Wer war es?
Wer ist der Schuft?
Wer wagte es ?
Ich gebe es zu: ich war es. Und wusste genau was ich tat, das ist ja das Schlimme. Wobei, ich muss auf mildernde Umstände plädieren: ich wurde mehr oder weniger gezwungen. In meiner Blase tummelten sich gleich zwei Familien von Bösewichten und drohten dort Unheil anzurichten. Deswegen musste ich diese umbringen. Notgedrungen. Nur blöd, dass ich gleichzeitig eine ganze Menge nette Kerlchen im Darm mitvernichtet habe.
Also von vorne.
Von welchen netten Kerlchen spreche ich überhaupt?
Es handelt sich um einzellige Bakterien, dessen Familiennamen Mikrobiota ist. Sie bewohnen unseren ganzen Körper. Dabei ist der Darm ihre Lieblingsadresse. Es gibt sehr, sehr viele von ihnen. Und zwar 10x mehr als es Zellen in unserem Körper gibt (!). Und was die genetische Information anbetrifft (= Mikrobiom), ist es noch extremer. Genetisch gesehen, gibt es in unserem Körper 100x mehr genetische Informationen von Bakterien, als von uns als Mensch. Oder anders gesagt: der Mensch ist eine Art Superorganismus, ein riesiger Garten, Im Grunde genommen mehr Bakterium als Mensch.
Diese Bakterien sind Teil unseres Stoffwechselsystems und üben einen massgeblichen, positiven Einfluss auf unsere Gesundheit aus. Zum Beispiel:
sie synthetisieren für uns die lebenswichtigen Vitamine B1, B2, B6, B zwölf und K.
sie produzieren kurzkettige Fettsäuren, die als Energiequelle für die Darmschleimhautzellen dienen. Somit beeinflussen sie die Darmperistaltik welche die Abfälle Richtung Ausgang befördert.
sie bekämpfen Entzündungen
sie entgiften Fremdstoffe
sie stimulieren das Immunsystem
sie verdrängen Krankheitserreger
sie unterstützen die Verdauung
Ganz grob gesehen gibt es zwei Arten Bakterien: die Lieben und die Bösen.
Die Lieben ( = Komensale) sind sozusagen Tischgenossen die uns nicht schädigen sondern sogar, wie oben erwähnt, unterstützen.
Die Bösen ( = Pathogene), dösen meist vor sich hin, bis sie aus irgendeinem Grund aufwachen und anfangen uns zu schaden. Wie zum Beispiel diejenigen, die, mir nichts, dir nichts, meine Blase angriffen.
Wir sollten natürlich alles tun, um mehr von den Guten in unserem Darm zu haben. Zum Beispiel Unsere Nahrung so zusammenzustellen, dass die Guten gedeihen und die Schlechten verhungern. Interessanterweise, entspricht das den gängigen Empfehlungen für eine gesunde Ernährung wie z.B.:
reichlich Nahrungsfasern zu uns zu nehmen. Und zwar lösliche und unlösliche. Um ganz sicher immer genügend von beiden für die guten Darmbakterien zur Verfügung zu stellen, esse ich neben sehr phaserreichem Gemüse, je zwei Suppenlöffel pro Tag Flohsamenschalenpulver (löslich) und Reiskleie (unlöslich)
Zucker vermeiden - die Bösen lieben das über alles und vermehren sich übermässig wenn sie es als Nahrungsquelle erhalten
Stärkeverzehr gering halten, (insbesondere in nackter Form, sprich ohne die Nahrungsfasern mit denen sie in der Natur vorkommen, wie in Weissbrot, weissem Reis, Teigwaren, Kuchen, Snacks, …) Denn auch das mögen vor allem die Bösewichte.
Zudem haben Stress, Toxine, Antibiotika, Infektionen einen negativen Einfluss und sollten demzufolge vermieden werden. Aber das ist ja nicht neu.
Und ich habe jetzt mit den Antibiotika eine ganze Armada kleinerHelfer niedergemacht.
Mörderin.
Mea Culpa.
Notwendig und gleichzeitig Autogoal. Tja…
Quintessenz: pflegt sie gut, die kleinen Helfer, Gebt ihnen das richtige zu essen und drangsaliert sie mit Antibiotika möglichst selten und nur wenn es wirklich nicht anders geht.
ps
Für diejenigen die es interessiert, hier einige Zahlen von dem was wir schon wissen:
es gibt <10.000 Bakterien Arten, die in <50 Stämme unterteilt sindWas natürlich alle brennend interessiert ist, welche Beziehung zwischen Krankheiten und unserem Microbiom besteht. Darüber wissen wir leider noch ziemlich wenig. Momentan laufen zwei riesige Projekte. Auf genaue Ergebnisse müssen wir leider noch warten. F
jede Person beherbergt ca. 200 Arten und zwar sind es für jede Person andere.
das Mikrobiom im Darm eines Babys ist ähnlich der vaginalen Flora seiner Mutter (reich an Lactobacilli)
es scheint, dassdas Mikrobiota sehr früh von Eltern/Geschwister erworben wird und die physiologischen, metabolischen und immunologischen Eigenarten während des ganzen Lebens beeinflusst, ohne sich im Erwachsenenalter gross zu verändern.
Änderungen der herkömmlichen mikrobiellen Gemeinschaften durch Störungen von aussen (Dysbiosis) können unsere Gesundheit wesentlich beeinträchtigen
50 % des Gewichtes der festen Biomasse, die der Mensch ausscheidet sind Bakterien
es wird vermutet, dass wegen vermehrter (zum Teil übermässiger) Hygiene, immer mehr Kaiserschnitte, weniger stillen und vermehrter Einsatz von Antibiotika die Vielfalt der menschlichen Mikrobiota-Zusammensetzung sich allmählich verkleinert und dies für eine Reihe moderner Zivilisationskrankheiten - wie zum Beispiel Allergien verantwortlich sein könnte
Veränderungen des Darmmikrobioms werden unter anderem mit Erkrankungen wie Darmentzündungen, Darmtumoren und Darmkrebs, Adipositas(= Übergewicht), metabolischen Syndrom, (dazu gehört Diabetes), Arthritis und auch bestimmte Formen des Autismus und Alzheimerin Zusammenhang gebracht.
Was viele brennend interessiert ist, welche Beziehung zwischen Krankheiten und unserem Microbiom besteht. Darüber wissen wir leider noch ziemlich wenig. Momentan laufen zwei riesige Projekte. Auf genaue Ergebnisse müssen wir leider noch warten...